#RUNTZEE – Wir machen doch nur Spaß…

Damit meine Streakerei gerade in den Wintermonaten nicht zu langweilig wird, kam mir Mitte Dezember eine im nachhinein ziemlich bekloppte Idee. Mit diesem Aufmacher kann ich wahrscheinlich keinen mehr überreden weiter zu lesen. Doch in diesem Fall lohnt es sich wirklich. 🙂 Also am 01. Januar 1 km (1,6 km als Streak Erhalt) laufen, am 2. Januar 2 km laufen, am 03. Januar 3 km laufen, … bis zum 31. Januar und dann halt 31 km laufen. Nicht mehr, nicht weniger. In erster intensiver Klausur stellte ich eine kleine Überschlagsrechnung der Wochenumfänge an und stellte fest, dass die erste Woche mit 28 km locker machbar wäre, die zweite Woche mit um die 70 km so lala, die dritte Woche mit mehr als 120 schwerst machbar, Woche 4 zumindest für mich nicht möglich. Der daraus resultierende Gedanke war nun, die Laufkilometer so zu setzen, wie ich kann und will, aber immer nur einmalig. Ergo am 03. Januar z.B. 12 km, am 22. Januar 4 km, … Somit sind 12 und 4 km in dieser Challenge “verbrannt” und können zwar noch gelaufen, aber nicht mehr als Ergebnis genutzt werden. Es erschien mir wie eine Art “Kniffel”-Spiel zu sein. Da wir alle so schrecklich modern denken (ich größenwahnsinnig gleich an was Globales wie den Marcothon dachte) und sich die globale Kniffel Bezeichnung “Yahtzee” schimpft, habe ich meine Challenge #RUNTZEE getauft. “O.k. Runtzee! What is the next goal to run?” Sounds, äh klingt doch gut…

Nun noch ein bisschen Mathematik: unter der Suche “der kleine Gauß” findet man eine Formel um die Summe eine Zahlenreihe schnell zu errechnen, hier die maximalen Gesamt Kilometer. Man muss also nicht 1+2+3 +4 … addieren sondern nutzt die Formel und tataaa: es kommen unglaubliche 496 km dabei heraus. VIER! HUNDERT! SECHZUNDNEUNZIG!
Ganz klar, soweit kann man ( kann ich ) nicht laufen, ich werde also streichen müssen.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Gau%C3%9Fsche-Summenformel-Beispiel.jpg

Sodann habe ich mir für das #RUNTZEE Spiel folgende Regeln “erarbeitet” (wer sich auf den Schlips ge-gender-t fühlt, kann sich gerne melden):

  1. Der Spieler kann so häufig oder selten im Monat laufen, wie er mag. Sollte er mehrmals am Tag gelaufen sein, geht die zuerst gelaufene Km Leistung als Wertung in den für alle Teilnehmer sichtbaren Spielplan ein.
  2. Gewertet werden dabei nur abgerundete km (15,8km –> 15km)
  3. Jede Eingabe gibt es exakt einmal also 1x 1, 1x 2, 1x 3,… (Januar 31, Februar 28…)
  4. Sollte der Spieler mehr als 31km gelaufen sein (z.B. Marathon) werden maximal 31km am entsprechenden Marker gewertet
  5. Das Ranking dient ausschließlich dem persönlichen Vergleich und darf zu keiner Zeit negativ gegen andere Spieler verwendet werden. Wie immer gilt beim laufen und eintragen absolutes “fair play”
  6. Jeder Spieler kann so viele Tage streichen ( X ) wie er mag oder muss (Kniffel Gedanke)
  7. Spieler können natürlich vorzeitig aussteigen, aber auch später einsteigen. Der Einstiegstag gilt als Mindestwertungstag
  8. Es können alle Kilometer Marker bis zur gelaufenen Strecke genutzt werden: 15 gelaufene Kilometer kann z.B. als “14” platziert werden, wenn 15 schon vergeben ist.
  9. Alles bei #RUNTZEE dient dem persönlichen Nutzen, der Motivation und dem Spaß. Es dient in keinster Weise dazu, sich oder andere zu schaden, zu kränken oder anderweitig übel mitzuspielen.

So einfach und so gut.

In der Theorie…

Ich habe meinen Laufbuddy Sven @svnkswttr angesprochen, der mir freundlicherweise eine tolle Tabelle konzipiert hat, in die man nur das aktuelle Datum an den jeweiligen Kilometer einträgt und der Rest wie Gesamtstrecke, Ranking, etc. angezeigt werden. Danke Dir Sven.

Wo ich schon bei Sven bin: ich habe Sven und seine Freundin Elli dazu überreden können, sich als Tabellentester zu herzugeben, habe die jetzt häufiger erwähnte (wahnsinnige) Marina und auch meine Frau ködern können, dort mitzumachen. Meine Frau allerdings in der Sonderwertung Rad fahren.

Und dann kam der 1. Januar…

Alle Teilnehmer waren hochmotiviert und eifrig dabei, die jeweiligen Läufe einzutragen. Sven und Elli im Trainingsmodus für die 50km in Rodgau preschten mit schier absurden Umfängen vorne weg. Uns blieb nur das Nachsehen. Sven war, wie nicht anders zu erwarten auf Platz 1 des Rankings, knapp dahinter Elli. Meine Frau, Marina und ich tauschten und wechselten die Plätze.

Da keiner mit einer gescheiten Taktik ans Werk ging, wurden die kleineren Kilometer fleißig aufgefüllt, man ließ sich die größeren Umfänge offen um dieses ggf. zu streichen. Ist ja alles nur Spaß.

Marina und ich liefen am 6. Januar die 45km in Bielefeld und durften somit stolz die “31” streichen, Sven und Elli zogen nach, da sie noch einen langen Lauf als Trainingsvorbereitung für Rodgau machten. Die beiden zogen es beängstigend durch. So beängstigend, das ich Sven zwischendurch sagte, das ich die Challenge nicht dafür erfunden hätte, das er sie gewinnen sollte. Sven winkte aber gleich ab, da die Rodgau Vorbereitungen sich dem Ende näherten.

Ich hatte richtig Lust auf #RUNTZEE, war es doch ein kleines Spiel um Taktik und eigener Genugtuung, nach dem Lauf wieder eine Zahl zu streichen.

Was ich nicht bedacht hatte, war die Tatsache, das immer mehr lockere Läufe “verbraucht”, aber noch viele größere Weiten übrig blieben. Ich holte mir Motivation bei Marina, die einmal mehr voller Schwung war und alles super fand…

Circa 10 Tage später:

Meine Frau fährt tapfer Rad, selbst weitere Strecken, die sie sich nicht zugetraut hat, absolviert sie und ist stolz über ihre Motivation. Marina und ich verfallen in den ersten Trashtalk und versuchen durch liebesvolles Bitten und um Sorge des Anderen Gesundheit doch einfach mal ein bis zwei Tage zu streichen. Doch unsere Bitten bleiben unerhört. Jeder versucht seine Läufe zu absolvieren und der Linie treu zu bleiben. Ist ja eh alles nur Spaß.

Weitere fünf Tage später:

Sven und Elli machen ihr Ding und sie laufen, so wie es ihnen beliebt. Meine Frau macht ihr Ding und sie fährt so, wie es ihr beliebt. Marina nervt mich mit ihrer Lustlosigkeit, ich nerve sie mit meiner Müdigkeit. Noch immer hat keiner ein “X” gesetzt. Das stimuliert das natürlich ungemein, will man sich doch nicht die Blöße geben, negativ gedacht könnte es sein, das es nur ums verheizen geht. Klar, Marina kann alles und nichts laufen, ist aber selbst am Limit, Sport, Beruf und Privates unter einen Hut zu bekommen. Ich schlafe seit einigen Tagen jede Nacht im Prinzip 60 – 90 Minuten weniger als üblich, so das ich die langen Läufe noch vor der Arbeit platzieren kann. Ich erwische mich immer häufiger dabei, dass die Tageszeitung unberührt bleibt und dass das Frühstück aus zwei Hand salzigen Erdnüssen und ein Kaffee im stehen besteht. Für mehr ist keine Zeit. Nur Spaß? Eher leicht nervöses Zucken.

In der dritten Woche laufe ich insgesamt 162km. Das sind 45km mehr als meine “ewige” Bestleistung aus dem November. Alles verrückt. Jetzt bloß keinen Infekt, umknicken oder sonstiges. Schon lange habe ich mich, haben wir uns davon verabschiedet, einen Lauf zu streichen. Das Battle zwischen Marina und mir ist in vollem Gange. Und doch sind wir große Sportsgeister, bleiben fair und gehen ehrlich miteinander um.

Einen Morgen schreibt mir Marina, das sie mir zu meinem Sieg gratuliert, weil sie eine Muskelverhärtung hätte und sie sich einen Husten (sie nennt ihren Husten Ralph [mit ph!!] ) eingefangen hätte. So will ich nicht gewinnen. Ich biete ihr an, das ich auch einen Tag streiche, sie widerum schiebt alles auf mich und sagt ich solle es für uns beide zu Ende laufen – noch am gleichen Tag knetet sie ihr Physiotherapeut halbwegs zusammen und sie läuft fortan mit Ralph. Respekt Marina!! Irgendwo zwischen Wahnsinn und Irrsinn ist sie zu Hause..

Immer häufiger krame ich beim laufen motivierende Sprüche raus, muss mich selbst einmal zum weiterlaufen anschreien. Die mich beobachtenden Rehe müssen sich schwer gewundert haben, das da ein Mensch mit Stirnlampe plötzlich stehen bleibt, sich an schreit und dann langsam weiter trabt. Alles bekloppt. Jetzt haben nur noch die Rehe Spaß.

Am vorletzten Tag stemme ich dann eine neue virtuelle Tür auf: dadurch, das ich nicht immer nur die Mindest Kilometer gelaufen bin, komme ich am 30.01.2019 um 08:07 Uhr an den Punkt, an dem ich die 500 km Schallmauer durchschreite. Marina muss zu diesem Zeitpunkt auf Grund eines weiteren Ultras im Januar ca. 540 km auf der Uhr haben. Mit normalem Spaß hat das alles wenig zu tun. Selten freuen wir uns aber so auf den Februar, fragen uns aber auch was wir mit der ganzen Zeit anstellen sollen. Naja, zugegeben, es ist einiges liegen geblieben und ich freue mich besonders auf ein Frühstück im sitzen.

30.01.2019 21:32 Uhr: morgen soll ich also den letzten #RUNTZEEE Lauf machen, einundzwanzig winzige Kilometerchen* um das Ziel der maximalen 496km zu bestehen. Na dann, gute Nacht. – *Wie verächtlich, oder? Ich muss mich bei all denen entschuldigen, die einmal in ihrem Leben von einem Halbmarathon Finish träumen.

31.01.2019 – Ich werde gegen 03:10 Uhr wach, nervös liege ich im Bett und versuche wieder einzuschlafen. Ich wälze mich hin und her. Wenn ich um 04:15 Uhr loslaufen und gemächlich die letzten 21km laufen würde, wäre ich um 07:00 Uhr aus der Dusche, könnte meine Frau wecken und mit ihr frühstücken. Mein Körper heizte sogleich an, von liegen bleiben war eh keine Rede mehr. So zockelte ich um 04:07 Uhr los durch den frisch gefallenen Schnee, blieb immer wieder stehen, schaute mir die Spuren der Tiere an, zeichnete “WER SCHNEE FÜR SICH ALLEINE HABEN WILL, DER MUSS FRÜH AUFSTEHEN <3 ” in den Schnee und filmte das ab. Gib mir Schnee und ich bin Kind – herrlich. Im Stadion lief ich mit den Hasen eine Ehrenrunde und zuckelte dann weiter. Ich musste mich etwas ranhalten, damit mein Frühstücksplan aufgehen sollte…

Gegen 06:30 Uhr war es dann soweit, etwa 1500m vor zu Hause durchlief ich den 21. Kilometer, blieb kurz stehen, lächelte und machte mich wieder auf. So schnöde das hier steht, war es auch. Kein Jubel, kein Sekt, keine Raketen. Einfach laufen, laufen, laufen laufen, laufen….

Ich habe im Januar insgesamt 525 km in 50h 34min absolviert – reine Laufzeit, in den letzten drei Tagen alleine 70km, Geschätzte 40h davon waren morgens im Dunkeln, mal mit Regen, mal klar und kalt. Dazu noch das An- und Ausgeziehe, Gedusche und was auch alles dazu gehört. Ich glaube, das war alles ziemlich bekloppt, bin mir aber nicht sicher. Doch wenn ich rechne, wie lange der “gemeine” 3x die Woche 8km Jogger für die Strecke benötigt, nämlich gute 5 Monate zuckt meine Oberlippe kurz und ich grinse in mich hinein. Für mehr bin ich zu müde.

Und nun, wer ist hier der Sieger? Keiner? ALLE!!! Meine Frau ist ist im Januar so viel Rad gefahren wie noch nie im Januar, vielleicht auch in ihrer ganzen Streak-Radel-Zeit. Und somit ganz klar Siegerin. Elli ist Siegerin, weil sie in Rodgau durch Fleiß und Können ihre Bestzeit um gut 10 min unterboten hat und danach nicht schlapp gemacht hat. Sven ist Sieger, weil er die Tabelle erstellt hat und gerade am Anfang durch seine Läufe Schwung in den Laden gebracht hat. Marina ist Siegerin, weil sie es trotz privatem Trubel und Ralph so hammerhart durchgezogen hat und insgesamt noch mehr Kilometer gemacht hat. Sehr geil, krank und verrückt. Ja und ich bin auch einer. Warum? Denken Sie sich etwas aus…

Welch ein Schwachsinn, welch Gaudi, welch Drama. #RUNTZEE ist besser als jede Seifenoper, sie fordert und fördert. Ich, nein wir alle haben alles gegeben. Ob ich noch einmal in meinem Leben in einem Monat so weit laufe (12,5 Marathon Strecken) so weit in einer Woche (162,5 km), so viel laufe (ungefähr 51 Std. netto) weiß ich nicht. Jetzt muss ich erst mal ausruhen, den normalen Lauf Alltag einkehren lassen, Kraft tanken und erholen. Bis morgen lieber Streak… DANKE EUCH ALLEN!!! GEILE FÜNFER BANDE! Es war mir ein Fest. Ein besonderer Tripp und ein Erlebnis. Und Ralph verzieht sich jetzt, sonst gibt es mal richtig Ärger…

Nach 500 km ist man in Paris, in der Schweiz oder in Polen…

Die Streakerei…

Angefangen ist es vor gut 250 Tagen. Ich wollte eine sog. Peak week machen und möglichst viele Kilometer in einer Woche zusammen bekommen. Warum weiß ich gar nicht mehr, bestimmt um mich für eine andere Verrücktheit vorzubereiten. Dann kam halt noch eine Woche hinzu und noch eine. Ob man wohl vier Wochen täglich laufen könne, das fragte ich mich. Das funktionierte. Und so bin ich mehr und mehr in diesen Trott gekommen und bin mal weiter und mal weniger weit gelaufen. “Schlimm” war der Tag nach dem 110km Lauf in Köln. Da bin ich in Schneckentempo eine kleine Runde gelaufen. Und erstaunt, wie gut es ging. So mit hat mir die tägliche Lauferei den Allerwertesten gerettet. Einige meiner Laufbekannte sind nach Erfüllung ihres Traumziels in ein Loch gefallen und haben in eben diesem länger verbracht, als ihnen recht war. Ich hatte direkt nach meinem 100km Traum eine Aufgabe zu bewerkstelligen und kam so gar nicht erst auf dumme Gedanken. Es hat alles gemildert und abgefedert…

Um in meinem Hirn etwas aufzuräumen und auszumisten, habe ich die mir wichtigen Gedanken zu diesem Thema einfach niedergeschrieben. So ist Platz für neues….

  1. Wann ist man genau ein Streaker? Diese Frage habe ich auch mal Lutz @unserweg gefragt, seine Antwort: theoretisch schon am zweiten Tag. Doch dieses Gefühl habe ich nach gut 250 Tagen immer noch nicht. So wie ich kein Läufer bin, sondern laufe und so wie ich kein Streaker bin, sondern streake. Ich laufe und ich streake gerade zufälligerweise.
  2. Wie lange streake ich noch? Darauf kann ich keine Antwort geben. Vielleicht wache ich eines Morgens auf und irgendwas sagt mir: Junge es ist vorbei… Ich hoffe auf diese Stimme, dann wäre es ein Impuls tief aus mir drinnen und keine Krankheit oder Verletzung. Ich stehe morgen auf und werde wohl laufen äh streaken.
  3. Was hat sich geändert? Geändert hat sich das Gefühl und die Grundeinstellung zum laufen. Früher war es vielleicht die Erfüllung des Trainingsplans, die Umsetzung und das Aufreiben an persönlichen Bestzeiten. All das ist zur Zeit nicht der Fall. ich genieße diese Stresslosigkeit einfach laufen zu gehen, so lange, so schnell, so weit ich will oder kann. Es müssen halt 1600m sein, die tagtäglich da stehen und “abgearbeitet” werden müssen. Das ist leider auch gleichzeitig die Kehrseite der Medaille. Im November bin ich in eine Art Streak Depression gefallen. Es machte mir überhaupt keinen Spaß mehr zu laufen. Ich war müde, kaputt, genervt von der Lauferei. Das tägliche laufen brachte mir keine glücklichen Momente mehr. Ich überlegte, was ich tun könnte und kam auf die (nachträglich) glorreiche Idee, eine Woche lang wirklich nur täglich 1 Meile zu laufen. 800m hin und 800m zurück. Dabei merkte ich schnell, das ich körperlich ausgelaugt war. Der Kopf war vollkommen frei und zufrieden, nur waren die Umfänge in letzter Zeit für mich zu hoch, das der Körper in den restlichen 23h zu wenig Möglichkeit und Raum hatte, zu regenerieren. Schon nach einer Woche der Erholung, gingen meine Umfänge wieder nach oben, Körper und Kopf waren wieder im Einklang und zogen an der selben Seite. Ich kenne somit hoffentlich in der nächsten Krise eine Möglichkeit, mich aus dem Schlamassel wieder heraus zu ziehen. Geändert hat sich auch der Raum zu Hause, den die Streakerei einnimmt. Ich bin jetzt morgens einfach mal eine Runde drehen und das halt um den Streak am leben zu halten. So langsam bekomme ich auch einen “Überblick” über die Strecken. Zu Anfang dachte ich schleicht weg, das dieses Gelaufe in immer selben Runden super langweilig sein muss. War es auch. Wenn man immer die selbe Runde dreht, sieht man immer das selbe, man achtet auf die Pendler, die Schulbusse, wundert sich das der Zeitungsmann in seinem Smart nicht da ist und und und und. ABER mit der Zeit entwickelt die immer gleiche Routine etwas beruhigendes, geradezu meditatives. Es ist jeden Morgen: 2 Gläser Wasser, einen dünnen Kaffee und ab in die Laufsachen. Dann geht es auf die Laufrunde. Aktuell variiere ich mal weit mal kurz, mal schnell, mal langsam. Doch wenn ich 3-4 Tage die selbe Strecke laufe, bin ich schnell in einem Flow Zustand, ich habe schlichtweg alles gesehen und kann mich auf meine Gedanken konzentrieren, auf den Atem, die Haltung oder auf nichts. Ich werde 2km weiter wieder “wach” und wundere mich, was ich in der letzten zeit gemacht haben könnte. Diese Momente sind der Hochgenuss. Einfach weg sein… Geändert hat sich erstaunlicher Weise auch meine Regenerationsfähigkeit. Höhere Intensitäten stecke ich viel besser weg, obwohl ich keine wirklich langen Läufe absolviere. Das freut mich natürlich sehr. Und mein Trainingszustand, scheint ganz ok zu sein, habe ich doch im Advent mehrfach weitere Strecken hinter mich gebracht.
  4. Was ist geblieben? Geblieben ist das Laufen als solches. Das Equipment, das schlechte Wetter, der Schweinehund, die Müdigkeit, die seltene Lustlosigkeit. Aber auch das Glück, die Entspannt- und Ausgeglichenheit. Und das hilflose Gesuche nach der Stirnlampe, der Mütze oder sonstigem, weil ich es einfach nicht schaffe mein Laufleben so zu managen, das alles an seinem Platz ist.
  5. Was kann ich besser machen? Wie schon gerade kurz angedacht: mein Textil- Lampen- Schlüssel- Handy- Orgamanagement ist noch nicht optimal. Mittlerweile haben Stirnlampe, Mütze und Handschuhe einen eigenen Platz- es wird.
  6. Wie ich mich motiviere? Da dieses Gelaufe (immer) noch nicht in meinen vollständigen Automatismus übergegangen ist, gibt es unterschiedliche Ziele, die mir helfen. Laufbuddy Sven @svnksswttr sagte mir mal, seine längste Streakreise waren 73 Tage – die wollte ich unbedingt knacken. 74 Tage sind ja schon fast 100. Also: nächste Haltestelle 100 Tage. Und so hangel ich mich immer weiter und denke mir kleine Spiele aus, die mich fordern.
  7. Ist das nicht gefährlich? JA, ist es. Wie alles, was zu exzessiv angegangen wird, ist auch die Streakerei ein Ding, was Körper und Geist in Mitleidenschaft bringen kann. Ich habe ja selbst schon gemerkt, das mein Körper mit den zwischenzeitlichen Laufumfängen nicht mehr zurecht kam und rebellierte. Ich vertraue da meinem Bauch, der nicht nur sehr sensibles Organ, sondern auch ein feiner Antwortengeber ist, dem wir aber im allg. immer weniger Aufmerksamkeit schenken. [Werbung: Ich empfehle hier das Buch “Darm mit Charme” von Gulia Enders].
  8. Ist Streaken auch was für mich? Weder bin ich Pädagoge, Lehrmeister, Sportphilosoph oder sonstiger Messias. Aus meiner jetztigen Erfahrung heraus würde ich sagen, das jeder, der sich bewegen kann auch Streakrunner werden kann und es auch einmal probieren sollte. Es kann weder schaden, noch was kaputt gehen. Und wie bei allem: nicht übertreiben.
  9. Kann ich Streaken in meinen Laufplan einbauen? Warum nicht! An den lauffreien Tagen einfach die Schuhe schnüren und die 1600m bewerkstelligen. Aus eigener Erfahrung sind 1600m einfach lästig und das An- und Ausgeziehe dauert genauso lang, wie der Lauf.

Diese Zeilen sollen weder ein How to sein, Streaker zu werden, noch werde ich es wagen mich als erfahren in diesem Gebiet zu bezeichnen. Es sind einfach ein paar Gedanken die ich zu meiner aktuellen Leidenschaft los werden wollte und auch sicher nicht vollständig sind. Danke für die Zeit, die Du dir zum lesen genommen hast. Bei Fragen oder Anregungen melde dich einfach. Und sorry, wenn du eine spannende Laufgeschichte erwartet hast, dieses Mal nur Gedankenschnipsel.

Hünenburg Vertical

Jan lud, ich lief. Ende.

Ok, das reicht wohl nicht…

Jan ist Jan-Olof, ein selbst verrückter Weitläufer, der rund um “seinen” Teutoburger Wald immer wieder tolle kleine Einladungsläufe organisiert und somit auch der Veranstalter des sog. Hünenburg Vertical ist. Namensgeber ist der Fernmeldeturm Hünenburg, der auf einer Anhöhe des Teutoburger Walds bei Bielefeld steht und normalerweise von weitem sichtbar ist. Ziel, so ist in Jans Ausschreibung zu lesen maximal 15 Runden mit á 3km und 140hm zu bewerkstelligen um sich den Gold Status zu sichern. Ist man mit weniger Runden zufrieden, erreicht man entsprechend Silber oder Bronze Status. Aber wie so oft geht es nicht darum sich zu mit anderen zu messen sondern seinen nachweihnachtlichen Schweinehund ein wenig um die Häuser zu treiben.

So meldete ich mich kurzfristig an und fragte die hier im Blog mittlerweile bekannte Marina, ob sie auch Spaß daran haben würde. Welch Frage….

Sonntag morgen trafen wir uns also auch halber Strecke und fuhren gemeinsam ins Ostwestfälische. Kurz vor dem Fahrziel zeigte ich Marina den im Nebel nicht zu sehenden Fernmeldeturm, was gleichzeitig die Wettersituation wider spiegelte. Luftfeuchtigkeit 100%, 6 Grad, Nieselregen. Spitze!

Dann der der krasse Kulturschock. Wie tektonische Platten knallte die ruhrpottliche Fröhlichkeit mit einem lauten “GUUTEN MOOORGEN” von Marina auf die ostwestfälische Gruppe von Athleten, die schier erschrocken zusammen zuckten und mit einem leisen zögerlichen “morgen!” antworteten. Ich erklärte Marina im Laufe des Tages etwas spöttisch, das man das auch nicht machen dürfe und das selbst zwei Ostwestfalen 6h fest steckend in einem Aufzug vermutlich nicht oder nur das absolut notwendige miteinander sprechen würden…

Um 08:50 briefte uns Jan zur Strecke mit den Worten, das der letzte Teil wetterbedingt etwas matschig sei… Wer Jan und sein schelmisches Grinsen kennt, weiß, das er mal wieder untertreibt. Und so ging es pünktlich um 09:00 Uhr los und wir liefen als Gruppe von ca. 35 SportlerInnen gemeinsam die erste Runde. Direkt vom Start- und VP Punkt geht es die 140hm auf teils waldigen Wegen aufwärts, kleinere Schlammpfützen markierten unseren Weg. Nach 1,3km ist auch schon der höchste Punkt erreicht und es geht auf einem asphaltierten Weg etwa 1km abwärts. Gefolgt von ca 700m Singletrail, der der etwas matschige Teil des Unterfangens darstellen sollte. Selbst mit Trailschuhen war es eine lustige Schlidderei – und mit jeder Runde wurde der durchweichte teutoburger Boden schlammiger und schlickiger. Gestürzte Athleten konnte man schon von weitem an ihrer camouflage ähnlichen Bekleidung erkennen. Zum Glück blieb uns ein Sturz bis zu letzt erspart.

Nach der ersten Runde ging es wieder zum VP, dort hing ein Brett aus, an dem man ganz old school hinter seiner aufgelisteten Startnummer einen Strich machen sollte um eine gelaufene Runde zu markieren.

Dann ging es auch schon wieder aufwärts. Das Feld zog sich schnell auseinander und zwischenzeitlich war weder vor noch hinter uns jemand zu sehen.

Wenn man insgesamt gut 6 Stunden miteinander laufend verbringt, tratscht man über Gott und die Welt. Was auf dem Trail geredet wird, bleibt auf dem Trail. So will es das Gesetz. Aber es ist schon cool, wie ähnlich Marina und ich ticken und uns über die gleichen Dinge aufregen können. Ein kleines Beispiel kann ich aber doch anführen: Wir hörten am VP einer Unterhaltung eines Sportlers und Jan zu. Thema: sind es nun 138 oder 140m Höhe pro Runde – da kann man nur den Kopf schütteln. Thema verfehlt.

Und nach 15 Runden und 6 Stunden später war der Spuk auch schon wieder vorbei. Passiert ist nichts. Keine Dinosaurier, Hubschrauberabstürze oder Lawinen. Einfach ein schöner Lauf bei dem es einzig und allein darum geht, draußen zu sein. Wir machten mit Jan noch einige Fotos, verabschiedeten uns und zogen von dannen. So schnell ist ein Sonntag um und so schnell ist das Spektakel vergangen.

Was bleibt? Es hat gut getan nach den Weihnachtstagen den Kopf durchzupusten, an frischer Luft zu sporteln und eine gute Zeit zu haben. Und es muss auch nicht immer spektakuläres passieren, mit dem man seinen Blog ausfüllt. Es muss einfach der Seele gefallen haben.

Es war schlicht und ergreifend ein guter Tag. Nicht mehr und nicht weniger.