Na, schon mal vom #WIBOLT gehört? Der WIBOLT ist ist ein Ultralauf über den Rheinsteig von Wiesbaden nach Bonn. Also Wiesbaden-Bonn-Ultra-Trail. Dieser Lauf geht über maximal 90 Std. umfasst 320km. Sie haben richtig gelesen! (das wollte ich schon immer mal sagen). Dreihundertzwanzigtausend Meter!!! Und nein, ich habe dort nicht teilgenommen, ich werde es wohl dieses Leben nicht mehr machen. Dafür hatte ich das Vergnügen, die hier schon häufiger erwähnte Marina durch die letzte Nacht auf den letzten X Kilometern zu begleiten. So zumindest war der Plan.
Da ja keiner wirklich sagen, wann man wo ist, wollte ich Marina per Live Tracker finden, das Auto irgendwo stehen lassen und dazu stoßen. Wie ich wieder zu meinem Startpunkt kommen sollte war mir herzlich egal. Irgendwie sollte es schon gehen.
Samstag Nachmittag rauschte ich dann mit dem Ziel Bad Honnef zum letzten Verpflegungspunkt bei km 295 durchs Rheinland, nahm diverse Staus und irrwitzige Verkehrsführungen mit und war just in time in Konrad Adenauers Geburtsstadt Rhöndorf, konnte mich noch umziehen und dann ging das Spektakel auch schon los…
Marina und Nils hatten sich schon relativ zu Anfang gesucht, gefunden und waren sozusagen als 2 Personen Mikrokosmos unterwegs. Jubelnd und schreiend empfing mich Marina, Nils war kurz dahinter.
Die beiden machten sich kurz am VP frisch und ich klärte mit Nils kurz, das ich nicht die Absicht hätte, ihre Gemeinschaft zu torpedieren und das ich mich einfach im Hintergrund halten würde. Es war ihm aber recht und so zogen wir alsbald von dannen und nahmen uns die letzten 25km vor.
Es ist so viel auf dem letzten Streckenabschnitt passiert, was auch dort bleiben sollte, aber einige Highlights möchte ich doch erwähnen.
Die beiden erzählten mir, das sie unterwegs immer wieder angesprochen wurden, was genau sie da machen und hörten sich mindestens doppelt so viele Ausreden an, warum die Fragenden es nicht selber täten. So kamen wir an einer Lichtung mit Blick auf den Rhein an, wo ein Wanderpärchen zum Abschluss des Tages Dosenbier (Typ Efes 0,5l) hervorholte. Die beiden fragten natürlich nach dem Grund und als sich Marina und Nils erklärten, erläuterte einer der beiden, das sie einen vier jährigen Sohn hätten, das würde halt nicht gehen. Wir drei aber mussten uns gleich auf die Zunge beißen, Nils konterte noch mit einem: “Ja aber der wird ja auch irgendwann 18!” was die beiden nur mit Raunen abtaten. Wir zogen weiter und mussten noch länger über “Ausrede Nummer 51” schmunzeln.
Plötzlich kam uns Marinas Freundin Sandy brüllend, jubelnd und schreiend entgegen. Sie, die eigentlich im Ziel warten wollte, aber nun doch keine Lust mehr hatte sich dort zu langweilen. Kurzerhand kam sie uns 14km! entgegen. Die beiden feierten sich, Nils und ich aber hatten Ruhe endlich über die wichtigen Dinge des Lebens zu schwadronieren. Dabei wurde er immer mal wieder ruhiger und driftete gedanklich einfach übermüdet weg.
Wie krass die Zivilisation nach so vielen Kilomtern sein kann, kann ich mir nur ansatzweise vorstellen. Ich musste insgesamt nur 25km durch den späten Nachmittag und nach 17km spukte uns der Wald aus und wir waren in Bonn. Häuser links, Häuser rechts, Straßen, Ampeln, Menschen. Alles was dazu gehört. Die letzten 8km gingen also durch Parks mit allerhand grillenden Nationalitäten und am Rhein entlang, wo besonders die beiden “runtergekommen” wie sie waren von angehenden Influencern und Youtube Stars seltsam angeschielt wurden.
Marina und Nils hatten sich ein Zielbier gewünscht und so empfing Birger, ein Lauffreund der beiden, sie 500m vor dem Ziel mit je einer großen Flasche Kölsch.
Der Zieleinlauf ist auf dem Bonner Marktplatz und war wegen des lauen Sommer Abends mit voll besetzter Außengastromie wie ein Spalier. Um den die wirklich letzten Meter zu filmen lief ich vor und wurde applaudierend von der Menge empfangen. So gehört sich das! Doch ich beschwichtigte mit den Armen wedelnd schnell die Zuschaue und stellte mich in Position. Als die Beiden dann endlich auf das Ziel maschierten, drehten die Organisatoren die Musik auf und mit großem Gejubel wurden Nils und Marina nach gut 76 Stunden empfangen. Ein Gänsehautmoment. Und auch jetzt, wenige Wochen später entführt mich das Einlauf Lied und die Situation in eine andere Sphäre.
Die beiden wurden von allen Anwesenden großartig gefeiert, setzten sich auf den Boden, öffnet ihr Kölsch, nippten an ihrem Bier und wie auf Knopfdruck verfielen sie in Ruhe, Demut, Dankbarkeit und Müdigkeit.
Nils verabschiedete sich kurz später zu seinem in der Nähe liegenden Hotel, Birger nahm Marina mit zum Start nach Wiesbaden und mich zurück zu meinem Auto.
Mehr war es “eigentlich” nicht.
Doch diese 25km haben mich verzaubert. Verzaubert vom menschlichen Willen, was alles möglich ist, wenn man will und der Körper mitmacht, verzaubert von der Stimmung und Energie, die die beiden auch auf den letzten Kilometern immer noch hatten. Verzaubert von den tollen Helfern, die sich an den VPs den Tag und die Nacht um die Ohren schlugen – denn bei ca. 50 Teilnehmern passiert auch mal eine Stunde gar nichts. Verzaubert von der Musik und natürlich auch von der super schönen Strecke immer am Rhein entlang.
Diese insgesamt vielleicht 8-9 Stunden strahlen wie 2 Wochen Urlaub intensiv nach und lassen mich immer noch grinsen.
Wie muss es nur in Nils und Marina aussehen…. Gemacht habe ich quasi nichts und doch so viel erlebt.
Es war toll mit euch und wenn ihr nochmal jemanden auf den letzten Kilometern braucht, lasst es mich wissen…